Durch den Suizid von Adolf Merkle wieder ein bißchen mehr in den Vordergrund gerückt – Männer und Arbeit und natürlich auch männliches Scheitern und männliches Gewinnen. Daraus entspann sich im Forum Männer-Auszeit ein fruchtbarer Dialog mit verschiedenen Facetten.
- Definieren sich Männer immer noch vorrangig über ihre Arbeit?
- Was passiert sonst noch, wenn die berufliche Existenz eine “Delle” erhält – mit dem Freundeskreis, der Beziehung und….?
- Welche Bewältigungsstrategien gibt es nach einem solchen Aus?
Ebenso wie die persönlichen Erfahrungen geht es darüber hinaus natürlich auch weiter. Wie zum Beispiel unsere Gesellschaft mit dem beruflichen Scheitern umgeht? Oder ob man(n) darüber nicht spricht, und Adolf Merkle ein prominenter Einzelfall ist.
Thomas Gesterkamp hat mit Dieter Schnack schon 1998 das Buch “Hauptsache Arbeit” darüber geschrieben, mit Beobachtungen, die heute immer Gültigkeit haben und letztendlich geht es um die individuelle Definition des eigenen Seins – nicht wer bin ich, sondern was bin ich! Und wie weit bestimmt die tägliche Arbeit – der Job, der Beruf – das Denken, Leben und die Freizeit.
“Arbeitslosigkeit ist zu einer Angelegenheit geworden, die jeder mit sich selbst auszumachen hat. Erwerbsarbeit ist für die meisten Männer ein so wesentlicher Bestandteil ihrer Existenz, dass sie die Entlassung als persönliche Niederlage erleben. Der Verlust der Arbeitsstelle ist für sie auch deshalb ein Trauma, weil sie sich im Gegensatz zu Frauen nicht auf Hausarbeit und/oder Kindererziehung zurückziehen können.” ist eine der Textpassagen aus dem Buch “Hauptsache Arbeit”. Lesen lohnt sich. Gerade jetzt und heute.
Ja, ich glaube schon, das nach wie vor die Frage WAS BIN ICH? bei Männern im Vordergrund steht. Männer richten ihr handeln auch entsprechend aus. Eine Fortbildung wird meist dann nur gebucht, wenn sie der Kariere unmittelbar dient.
Frauen dagegen besuchen Fortbildungen und Seminare häufig auch dann, wenn sie “nur ihrer eigenen Persönlichkeitsbildung” dienen – WER BIN ICH?
Ich erlaube mir an dieser Stelle die “Sachlage” auch einmal anhand der männlichen Archetypen zu betrachten (unser kollektives Unbewusstes)
Adolf Merkle war offensichtlich ein guter Geschäftsmann (eher dem Archetyp König zugeordnet – kann aber auch als eigenständiger Archetyp gesehen werden), der sich aufgrund seiner bisherigen Erfahrungen in Sicherheit wiegte und für sein Imperium gut sorgte. Er bekam offensichtlich meist mehr als er, an Einsatz, bereit war zu geben. Er machte Gewinne – Sein Reich wurde größer. (Das zeichnet auch einen “guten Geschäftsmann aus) “WAS BIN ICH? – Ein großer König mit einem großen Reich.
Der “Spieler” (eher dem Archetyp Krieger zugeordnet – kann aber auch als eigenständiger Archetyp gesehen werden), hat auf den Finanzmärkten dieses “sichere Gebäude” zum Einsturz gebracht.
Das Entsetzen des Königs ist groß. Für den Spieler – für den ALLES oder NICHTS zu seinem Wesen gehört – hat das Reich des Königs verspielt.
Wer sollte nun die Verantwortung für dieses Dilemma übernehmen?
Der König, der seinen Krieger in die Schlacht geschickt hat, wohl wissend mit welchen Mitteln dieser kämpft?
Der Krieger, der das Reich seines Königs verloren hat?
Vielleicht mag das von Fall zu Fall mal so oder anders entschieden werden.
Bezahlen wird die Zeche das Volk.
Verantwortlich sind wohl beide.
Der König, der seinen Krieger nicht zurückgepfiffen hat, als herausbekam dass es schief gehen wird – er hat sein Volk verraten.
Der Krieger, der seinen König, das Reich verraten hat indem er u. a. zum Berserker, zum blindwütigen Krieger wurde.
Beide Handlungen zeigen die Schattenseiten dieser Archetypen auf – die auch zu Ihnen gehören.
Ich bin nicht so vermessen zu behaupten, dass Herr Merkle noch leben würde, hätte er sich seine Schattenseiten bewusst machen können. Aber nach all den Erfahrungen, die ich in der Männerarbeit machen durfte, trat immer die Erkenntnis ans Licht: Im Schattenreich unserer Seele steckt unser größtes Potential. Da steckt unter anderem auch die Antwort auf die Frage: WER BIN ICH?
Ich hoffe den Fragen im Artikel noch dienlich gewesen zu sein – mich mit meinem Beitrag nicht allzu weit entfernt zu haben.
Herzliche Grüße – Walter Friedl-Grünecker
Passt vollkommen – ich denke, dass es um die eigenen Schattenseiten geht und wir immer alle Teile in uns tragen. Das Spannende ist nur zu erkennen, welcher Teil sich gerade ausagiert und wie ich ihn in mein “Gesamtkunstwerk Mensch” integriert bekomme. Gruss, Volker