Wenn ich so an meine Coachings denke, dann habe ich sowohl in den Einzelcoachings als auch in den Paarcoachings einen Frauenüberschuss. Ja, auch in den Paarcoachings, weil sehr oft die Frauen alleine kommen, weil ihre Männer keine Zeit, andere Verpflichtungen oder sonstige Gründe haben, um nicht mitzukommen. Männer finden oft nur den Weg in die Beratung oder in die Coachings, wenn schwerwiegende Dinge vorliegen: Unvermeidbare Trennung, Krankheit, Jobverlust – um nur einige Alternativen zu nennen. Warum eigentlich? Ich selbst bin da wohl anders gestrickt, weil ich mir seit vielen Jahren immer wieder partiell Hilfe von außen hole, wenn ich selbst mit meinen Bordmitteln nicht weiterkomme. Und zwar nicht nur auf dem seelisch-/emotionalen Bereich, sondern auch in allen anderen Bereichen, in denen ich nicht Experte bin: Mittlerweile kann ich – danke an die Technik – nicht einmal mehr die Lampen an meinem Auto auswechseln.
Männer stolpern über ihr Männerbild
Männer in Coaching und Beratung stolpern oft über ihr eigenes Männerbild: Mann tut so etwas nicht und löst – lonesome rider – seine Probleme selbst. Dieses männliche Selbstverständnis ist aber ein erlerntes Selbstverständnis, Ergebnis von Erziehung (Vater) und Sozialisation (Peergroups). Und oft geht es um die Ängste dahinter: Männer befürchten, wenn Sie externe Beratung nachsuchen und annehmen, Kontrollverlust. Sie befürchten, die Kontrolle über ihre Emotionen zu verlieren und an Selbstbewusstsein. Ihr Weltbild von sich könnte ins Wanken geraten und einstürzen. Männer sind – um sich vor dieser externen Beratung zu schützen – wahre Meister im Kleinreden ihrer eigenen Probleme geworden.
Ist das in den Männern genetisch bedingt? Nach meiner Erfahrung – nur zu einem unwesentlichen Teil. Der Rest gründet auf Erziehung und Rollenvorbilder, weil “Männer nicht heulen”, “Männer nicht schwach sind” und oft sehr viel Abwertung von außen erfahren haben, wenn sie dann doch mal ihre Emotionen und Empfindungen nach außen getragen haben. Mein Selbstverständnis ist ein anderes. Mir geht es darum, die ganzen Bandbreiten meines Lebens leben zu können, ohne künstliche Einschränkungen und Beschränkungen von außen! Dazu gehört auch, dass ich sehr vorsichtig mit meinen Kunden umgehe und – manchmal zum Leidwesen meiner Kunden – sehr langsam und kleinschrittig vorgehe. Eben damit meine Kunden die maximale Kontrolle und Macht über ihr Leben behalten und nicht von einem angenommenen emotionalen Tsunami überrollt werden.
Und vielleicht wäre das auch eine gute Übung: Zu erforschen, wo die eigenen emotionalen Grenzen sind und wie weit man(n) sich darüber hinausbewegen kann, ohne seine eigene Mächtigkeit und Kontrolle zu verlieren. Stückchen für Stückchen mit sprichwörtlich festem Boden unter den Füßen.
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